Der Seminarraum beim Postl ist zum bersten voll. Weitere Sessel werden gebracht, trotzdem reicht es nicht für alle. Wir kommen gerade von einem wunderbaren Flug und nehmen am Sicherheitssymposium/Workshop des Soaring Club Hohe Wand teil.
Stephan Wirgler, Club-Obmann und Landessektionsleiter ist von dem Ansturm überwältigt und eröffnet die Veranstaltung. Er ermuntert uns, den Vortrag von Walter Schrempf von der Flugschule Sky Club Austria mit eigenen Diskussionsbeiträgen zu ergänzen.
Stephans Bericht ist hier. (nur für Clubmitglieder sichtbar)
Manfreds Bilder sind hier.
Wie schon bei der Sicherheitskonferenz des Aeroclub gebe ich hier meine Mitschrift wieder. Wobei ich die Diskussionsbeiträge kommentarlos in den Vortrag einfüge. Ich habe sicher nicht alles mitbekommen und wahrscheinlich das eine oder andere falsch verstanden. Danke für die Korrekturen von Staphan Wirgler und Walter Schrempf.
Walter zeigt gleich zu Beginn ein Absturz-Video: Wingover, Verhänger, Spiralsturz, eingebombt. Der Pilot hat es überlebt, er geht sogar wieder fliegen.
Welche Faktoren haben zu dem Unfall geführt?
- Frühjahrs-Thermik
- Mit dem Schirm nicht vertraut
- Zu wenig Höhe für das Manöver
- Den ganzen Winter nicht geflogen
- Den Rettungsschirm nicht geworfen
Und wenn du mit nichts vertraut bist, den Retter solltest du wenigstens werfen können.
Allein schon deshalb weil mich jemand fragen wird:
"Warum haben Sie den Retter nicht geworfen?"
Am Startplatz mit dem Retter vertraut machen. Jedes Mal!
Der "blinde Griff zum Retter": Wirklich blind, also im Flug kurz die Augen schließen und zum Retter greifen. Das simuliert das Blackout das man im Schreck haben kann.
Ein Absturz verläuft nicht so wie ein Herbstblatt zu Boden gleitet, sondern immer in Drehbewegung (manchmal sieht man aber auch Herbstblätter hinunter kreiseln).
Thomas Grabner der den G-Force-Trainer erfunden hat ist im Auditorium vertreten. Er rät, unbedingt die Retterauslösung unter G-Kraft-Belastung zu üben (ein bisschen Eigenwerbung darf sein).
Man greift unter Fliehkraft ganz wo anders hin als der Rettergriff wirklich ist. Das Gurtzeug verbiegt sich, so dass der Rettergriff noch einmal wo anders ist als sonst.
Ein weiterer Grund für das G-Force-Training:
Es gibt Gurtzeug-Retter-Kombinationen die unter Fliehkraft nicht auszulösen sind!
Unter Fliehkraft:
Retter zu den Füßen werfen = wohin die Fliehkraft zieht (Tipp von Xandi Meschuh).
Im Sicherheitstraining soll man den Retter probehalber werfen (habe ich gemacht).
Hauptschirm sofort nach dem Retterwurf einholen, noch bevor er wieder Luft fassen kann.
Nach dem Retterwurf am Hauptschirm einen B-Stall ziehen?
(Ich habe es probiert, die Leinen waren gleich so eingedreht dass ich die B-Tragegurte nicht greifen konne)
Das Aufkommen mit dem Retter mental durchspielen.
- Nicht: Hinunter schauen, ui je da kommt ein Zaun!
- Sondern (Walter macht es vor):
- Fäuste vor's Gesicht, am besten dabei die Arme überkreuzen
"Oh Gott, oh Gott, was passiert mir jetzt!" - Füße zusammenpressen, Knie leicht angewinkelt, alle Muskeln anspannen
- Fäuste vor's Gesicht, am besten dabei die Arme überkreuzen
(Vom Sessel ist's kein Problem, aber von einem Strohballen, ohne hinunter zu schauen ... ein saublödes Gefühl! Üben!)
Soll man einen zweiten Retter mitführen, so wie es die Acroflieger machen?
Der erste Retter stoppt den Hauptschirm, so dass der zweite Retter eine bessere Chance hat aufzugehen.
Das macht Sinn, vielleicht wird in ein paar Jahren der 2. Retter Standard sein.
Können = Wissen mal Übung
Es gibt 3 Arten um zu lernen:
- Durch Mitdenken
- Durch Nachmachen
- Durch Erfahrung
Durch Erfahrung ist die schmerzhafteste..
Für Morgenflüge in ruhiger Luft muss man nicht viel trainieren. Wer frühmorgens in ruhiger Luft fliegt, kann auch einen Hochleister fliegen. Ein Morgenflug in ruhiger Luft macht mit einem Hochleister übrigens auch mehr Freude als mit einem schnellen, kleinen Bergsteigerschirm..
Starts bei starkem Wind, Thermikfliegen und Streckenfliegen ist Sport. Fliegen bei sportlichen Rahmenbedingungen erfordert Training. Aber wer vom Genussflieger (der nur Abgleiter macht) zum Sportflieger wird, der muss trainieren. Körperlich und geistig.
Unfälle passieren häufig, wenn Genussflieger ohne Training zu Sportfliegern werden..
Das muss ein Fluglehrer seinen Schülern sagen.Aber welcher Fluglehrer macht das schon?
Na ja, da rechts oben auf der Folie steht ein Logo....
(ein bisschen Eigenwerbung darf sein)
Zum Trainieren gehört das Sicherheitstraining. "Nicht bei irgendwelchen Adrenalin-Junkies machen". (Namen wurden keine genannt)
Föhn: Unfall-Ursache Nr.1 ist und bleibt wenn es föhnig ist und Thermik hinzukommt.
Streckenfliegen
generell gefährlich weil man in unbekannte Windsysteme kommt
Problem-Punkt: Probefliegen.
Beim Probefliegen passiert sehr viel.
Einen unbekannten Schirm nur bei ruhigen Bedingungen fliegen.
(...aber wie weiß ich dann wie er sich bei ruppigen Bedingungen verhält...?)
In der Schirm-Entwicklung werden die Testpiloten nicht gefährdet.
In der Praxis machen Piloten viel ärgere Dinge.
Gleitschirmfliegen ist die komplizierteste Luftsportart.
Gleitschirmfliegen ist nicht sehr Fehler-verzeihend.
Die Steilspirale ist nicht geeignet um Höhe abzubauen.
Konstante hohe G-Belastung :-(
Wer mit Hirn fliegt braucht keine Steilspirale.
Man sollte sie trotzdem können falls man ungewollt in eine Spirale gerät.
Im Sky Club Austria Sicherheitstraining am Hallstättersee wird ein einfaches Schnellabstiegsverfahren gelehrt, mit dem jeder Pilot mit seinem System (damit ist die eigene Schirm-Gurtzeug-Kombination, Körperbau gemeint) immer und überall sicher und schnell herunter kommt. Bestandteil des Sicherheitstrainings am Hallstättersee sind unter anderem auch einfache G-Kraft reduzierte bzw. G-kraftfreie Schnellabtstiegstechniken.
Am Startplatz einen Plan B haben wie ich wieder herunter komme.
Stephan Wirgler:
"Je mehr man sich mit einer Sache beschäftigt um so mehr bringt es.
Viele Lehrer haben mir völlig verschiedene Sachen gesagt und alle waren gut."
Wichtig:
Rituale, gewohnte Abläufe.
Nie auf den 5-Punkte-Check verzichten.
Stephan: "Ich habe immer gesagt ich werde nie vergessen die Beinschlaufen zu zu machen bis es mir selber passiert ist." Ein paar Teilnehmer pflichten ihm bei, ihnen ist es auch so gegangen.
Viele haben vor dem Start Flugangst.
"Sonst würde es im Wald hinter dem Startplatz nicht so ausschauen wie es ausschaut".
Verständlich, ich weiß ja nicht was mich erwartet. Werde ich absaufen oder Thermik finden? Werde ich einen Klapper kassieren?
Abhilfe: Flug möglichst gut planen.
Die Flugangst äußert sich unter anderem darin dass man andere vollquatscht. Unter Umständen merkt man das sogar an sich selbst "warum bin ich plötzlich so eine Quasseltante?".
Das ist störend (= gefährlich).
Bei Militär-Fallschirmspringern gibt es eine Regel:
Wer den Helm auf hat wird nicht mehr angesprochen.
Sollten wir auch so machen: Helm auf - Klappe zu!
Startphase:
Es gibt immer einen optimalen Punkt zum Aufziehen und zum Abheben.
Ich sollte mir vornehmen genau dort zu starten.
Nach dem Aufziehen nicht sofort losrennen. Durch das Pendelsystem Schirm-Pilot pendelt der Schirm sonst gleich nach dem Abheben vor und es geht wieder hinunter.
Statt dessen den Schirm eine Sekunde lang stabilisieren.
Wer das nicht kann der soll es bleiben lassen und groundhandeln gehen.
Landen, Toplanden:
Nicht mit Gewalt landen gehen sondern noch ein wenig hin und her fliegen bis alles passt.
Wann kann ich auf der Hohen Wand toplanden
(Landeplatz "Lange Wiese" beim Postl)?
- Nicht: Bei gleichzeitig starkem Wind und starker Thermik.
- Nur starker Wind oder nur starke Thermik ist OK.
Wann gelten Hangflug-Regeln, wann weichen beide nach rechts aus?
Konsens nach der Diskussion: Bis 50m über der Kante (Baumwipfel!)
gelten die Hangflugregeln.
Wer nach Hangflugregel ausweichpflichtig ist, muss dem anderen genügend Platz lassen damit er nicht in die Rotoren vor den Felsvorsprüngen gerät.
Auch hier einigten wir uns - mit Walters Unterstützung - auf 50m Wand-Abstand.
Frage an Walter: Ist dir heute beim Fliegen etwas aufgefallen?
Soaring-Situation, das heißt viele Flieger auf gleicher Höhe.
Ablauf einer Richtungsänderung:
- Blick!!!
- Gewichtsverlagerung
- Drehen
Stephans persönliches Risiko-Management:
- Persönliche Verfassung OK?
- Wetter OK?
- Fluggebiet und -gerät vertraut?
Theoretisch sollten es alle drei sein, in der Praxis sind es zwei.
Ganz wörtlich kann man das natürlich auch nicht nehmen, wenn es mit 50km/h aus der falschen Richtung ballert dann nützen die anderen beiden Punkte auch nichts, aber wir haben schon verstanden wie es gemeint ist.
Und dann hätte es noch endlos viel zu besprechen gegeben, aber nach drei Stunden gab es ein timeout - unsere Köpfe waren eh schon voll.
Vielen Dank an den Soaring Club, vielen Dank an Walter Schrempf und vielen Dank für die rege und anregende Teilnahme!