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25. Januar 2015

Sicherheitskonferenz "Safety in Paragliding"


http://knackwurstflieger.blogspot.com/2015/02/der-wetterbericht-hat-sich-geirrt.html








Der Aeroclub lud in die prunkvollen Räumlichkeiten im Haus des Sports zu einer Sicherheitskonferenz. Unter anderem waren Vorträge von Hannes Papesh (Gleitschirm-Konstrukteur und Gründer der Firma Nova) und Karl Slezak (DHV - Sicherheitsreferent) zu hören. Das Programm ist hier:
http://www.aeroclub.at/download/SAFETY-IN-PARAGLIDING_150123.pdf

Ich hatte von der Veranstaltung dadurch erfahren dass ein Fliegerkollege den Link im Facebook postete (danke!). Sonst wurde die Veranstaltung offensichtlich nicht sehr stark beworben. Am Freitag ganztägig - da hat natürlich nicht jeder Zeit. So war auch die Teilnehmerzahl ziemlich überschaubar. Der Saal ist zwar prächtig, es gab aber ein Problem mit der Heizung und es war grimmig kalt.

Der Grund-Tenor lautete: Die Unfallzahlen sind so enorm hoch, es muss etwas getan werden. Karl Slezak konnte das aber anhand von Statistiken weitgehend entkräften: Die Paragleiter werden immer mehr, aber die Zahl der Unfälle bleibt ungefähr gleich - also wird paragleiten immer sicherer?

Keine Gruppe von Piloten ("die Anfänger" oder "die Urlaubsflieger") sticht besonders hervor, daher muss an vielen kleinen Schräubchen gedreht werden um das Gesamtergebnis zu verbessern.



Hier meine Mitschrift
(sicher nicht vollständig, eben das was ich mir notiert habe):


Hannes Papesh zeigte wie er Gleitschirme mit einem selbst entwickelten Programm entwirft. Seit etwa dem Jahr 2000 kann die Strömung um den Schirm simuliert werden und so die "Unterdruckblase" berechnet werden in der wir fliegen (CFD - Computerized Fluid Dynamics).

Produktzyklen von Schirmen sind 2..3 Jahre, bei Flugzeugen sind es 20..30 Jahre. Einen Schirm zu entwickeln dauert ca. 1 Jahr und erfordert bis zu 23 Prototypen. 

Das Ziel der Gleitschirm-Konstruktion, nämlich das Fliegen für den einfachen Fußgänger zu realisieren, wurde noch nicht erreicht. Trotzdem liegt ein gewisses Gefahrenpotential darin dass Gleitschirmfliegen so einfach ist: Jeder glaubt, fliegen zu können.

Ein Teilnehmer merkte an dass Schirme generell sicherer geworden sind. "Vor 20 Jahren hat es in Innsbruck im Spital ein Zimmer gegeben in dem 5 Leute gelegen sind die mit dem gleichen Schirm abgestürzt sind." So etwas gibt es heute nicht mehr.

Ewald Kaltenhofer (ÖAeC/FAA) ortet ein Problem darin dass die Ausbildung in ruhiger Luft stattfindet und die Piloten mit ihrem druckfrischen Schein in thermische Bedingungen entlassen werden - wo sie dann überfordert sind.

22 der 30 Flugschulen sind im Flugschulverband organisiert.

Acro-fliegen ist ein Graubereich, es ist weder verboten noch erlaubt.

Der Herr von der Helvetia-Versicherung (Namen vergessen, sorry) schlug in die selbe Kerbe wie der Vorsitzende: nämlich dass Paragleit-Unfälle immer mehr werden, weil er gefühlt immer mehr Arbeit damit hat. Nach Zahlen gefragt, konnte er das nicht belegen.

Die Krankenversicherung deckt nur die unmittelbaren Heilungskosten bis zum Verlassen des Spitals ab. Die gesetzliche Unfallversicherung versichert nur Arbeits- und -wegunfälle, aber keine Freizeitunfälle. Daher benötigt man eine Unfallversicherung, wobei man darauf achten muss dass das Flugrisiko eingeschlossen ist.

Das ist bei der Versicherung der Fall die Aeroclub-Mitglieder automatisch mit ihrem Mitgliedsbeitrag bezahlen, die Deckungssummen sind aber "prämienverträglich" - also gering.

Karl Slezak (DHV) hatte viel Material mitgebracht (und es hätte für einen noch wesentlich längeren Vortrag gereicht - hoffentlich sehen wir die ausführliche Fassung auch einmal).

Bei den tödlichen Unfällen ist die Dunkelziffer 0. Die Zahl tödlich verunglückter deutscher Piloten beträgt seit 1997 unverändert ca. 10 pro Jahr, während die Zahl der DHV-Mitglieder von 20000 auf 37000 angestiegen ist (Hänge- und Paragleiter zusammengenommen, 34000 PG und 3000 HG).

Die Zahl der Verletzungen zeigt eine größere Streuung über die Jahre, ist aber im langjährigen Mittel auch etwa konstant.  Hier kommt dazu dass Flugunfälle gerne als Wander- oder Bergsteiger-Unfälle gemeldet werden, weil viele Versicherungen das Flugrisiko ausklammern - und man so zu einer Versicherungsleistung gelangt. Die scheinbare Erhöhung der Unfälle kommt von der Verringerung der Dunkelziffer.

In Deutschland gibt es etwa gleich viel Segelflieger und Paragleiter. Bei den Paragleitern gibt es weniger Tote aber mehr Verletzte als bei den Segelfliegern. 

Jährlich treten ca. 2000 Piloten aus dem  DHV aus (und geben den Sport auf), etwas mehr als 2000 kommen neu hinzu.

Interessant ist auch, was sich die Leute vom Paragleiten erwarten:
33% wollen nur Abgleiter in ruhiger Luft
49% wollen Thermik
14% wollen streckenfliegen
weniger als 1% wollen an Wettbewerben teilnehmen

("Was machen wir uns nur für Mühe mit den Wettbewerben wenn es eh nur so wenige sind")

Der deutsche Durchschnittspilot macht 22 Flüge pro Jahr (da bin ich mit meinen 50 eh nicht so schlecht). Und der Durchschnittspilot gehört unter einen A-Schirm.

Formel: 0,5+3+3 (1/2 Stunde in der Luft, 3 Stunden im Gasthaus und 3 Biere trinken)

Karl Slezak hält die Norm für gut, bemängelt aber die Durchführung der Tests. In der B-Klasse gebe es Schirme die hätten dort so viel Sinn "wie ein Fisch mit Titten".

Während die Schirme immer besser werden, ist die Protektor-Technik in den letzten Jahren eher schlechter als besser geworden.

Ein Problem das zunehmend an Bedeutung erlangt sind Kollisionen. Der andere scheint über lange Zeit weit weg zu sein und ist plötzlich da. Er illustrierte das sehr anschaulich mit einem Video.

Mario Lenitz von der Austrocontrol stellte das Meldewesen vor:

https://www.austrocontrol.at/luftfahrtbehoerde/safety/meldewesen 

und appellierte, nicht nur Unfälle sondern auch Störungen zu melden.
"Bitte nicht nur die Unterhose wechseln sondern auch das Formular ausfüllen".

Thomas Kacsich vom bmvit: 
Grund für Regelungen ist immer das öffentliche Interesse. Das ist nicht selbsterklärend sondern wird von der Gesellschaft und der Politik bestimmt. Und das ist von Land zu Land verschieden.

In Österreich gibt es für Hänge- und Paragleiter - im Gegensatz zu anderen Luftfahrzeugen -  (fast) keine Regelungen durch EU-Recht, die EASA hat bei uns keine Zuständigkeit.

Alle Regelungen sind hier nachzulesen (mit Such-Funktion)
http://ris.bka.gv.at

Anna Rehrl vom Flugschulverband Austria und von der Flugschule Aufwind:

Ihre 3 Kinder fliegen, und sie fliegen sicher. Wenn die jüngste Tochter mit dem Moped unterwegs ist hat sie mehr Angst um sie als wenn sie in der Luft ist.

Die Schlüsselfaktoren für sicheres Fliegen:
  • Gute Ausbildung
  • Trainieren und üben
  • Viel in Gemeinschaft fliegen 
  • Über Gefahren Bescheid wissen 
Sie kritisierte die oft veralteten Lehrpläne und Bescheide und forderte eine Expertenkommission die sich laufend der Anpassung annimmt.

Sie lobte den DHV in vielen Punkten und wünscht sich eine ähnlich gute Betreuung in Österreich. 

Herbert Siess, BundessektionsleiterHänge‐undParagleiten:
3 Flugsaisonen und die ersten 200 Flüge ist man ein Anfänger.

Wichtig ist ein strukturierter Ablauf des Fluges.
Man soll einen Flugplan machen, das reduziert Stress.

Die Flugvorbereitung muss umfassen:
  • Tagesverlauf 
  • Randbedingungen, ab wann man landen geht 
  • Erkennung von Abweichungen, um darauf reagieren zu können 
  • Analyse nach dem Flug 

Dazu ist es besonders hilfreich, in einem Verein zu fliegen. Gemeinsam planen und gemeinsam reflektieren.

Ein Punkt in der abschließenden Diskussion: Anfänger und Hobbypiloten sollen A-Schirme fliegen. Die Idee einer Verpflichtung dazu wurde allgemein abgelehnt.
Vielmehr soll kommuniziert werden dass der A-Schirm kein träger Traktor ist, sonder dass er Spaß macht.

Was ich hiermit gerne mache, ich fliege meinen Yeti mit großer Freude.


Links: 




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