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9. März 2013

Simulator-Training

Das Vario piepst, ich verlagere mein Gewicht, nehme die Bremse dazu und spüre den Widerstand der Bremsleine. Ungewohnt ist das Geräusch der Elektromotoren die hörbar auf meine Bewegungen reagieren. Der Horizont kippt und die Landschaft läuft schräg über die Leinwand - durch Variieren der äußeren Bremse versuche ich meine Kreise ins stärkste Steigen zu verlagern.





Simulationen faszinieren mich. In den 80er Jahren habe ich mit dem ersten Microsoft-Flugsimulator gespielt nachdem ich ein paar Male mit einer (realen) Cessna mitfliegen und auch selbst steuern durfte. Mit 320x200 Pixel und ruckeligen Bewegungen war der damalige Simulator meilenweit von dem heutigen Fotorealismus entfernt, aber dass z.B. die Maschine in der Kurve bleibt wenn man das Querruder neutral stellt und erst nach Gegensteuern wieder gerade fliegt war korrekt abgebildet.

Voriges Jahr erfuhr ich erstmals vom ActiveFly Gleitschirm-Simulator. Der Pilot sitzt im Gurtzeug, und das hängt in einem Gestell das die Leinen und Traggurte mit Elektromotoren betätigt. Ein weiterer Motor lässt das Gurtzeug vor- oder rückpendeln. Vor dem Piloten die Landschaft, vom (modifizierten) Flightgear-Flugsimulator berechnet und mit einem Beamer projiziert.

Ulrich Rüger ist Luft- und Raumfahrt-Ingenieur. Bald nach Beginn seiner Paragleiter-Karriere begann er einen Simulator für sich selbst zu bauen um das aktive fliegen zu üben. Heute reist er mit seinem Simulator durch Mitteleuropa und bietet verschiedene Trainings an. Er entwickelt den Simulator ständig weiter, eines Tages soll ein Produkt daraus werden das er an Flugschulen verkaufen kann.

Meine ersten Aufrufe ob es Interessenten für ein Training in Österreich gibt, lösten wenig Echo aus. Unabhängig von mir fragte Michael Ferdiny bei Activefly nach einem Österreich-Termin und dann begannen wir gemeinsam die Sache zu organisieren. Auch gemeinsam fanden wir anfangs nicht annähernd genügend Interessenten. Trotzdem fassten wir einen konkreten Termin ins Auge.

Nun galt es, kräftig die Werbetrommel zu rühren um genug Teilnehmer zusammen zu bekommen. Ich bedanke mich beim Soaring Club Hohe Wand, bei gleitschirm.cc und bei der Flugschule Kilb für die inter-nette Unterstützung bei der Teilnehmersuche.

Ich war gespannt.
  • Erstens: gespannt, ob wir den Termin zustande bringen.
  • Zweitens: gespannt, wie sich das virtuelle fliegen anfühlt.
  • Drittens: gespannt, was die erfahrenen Piloten dazu sagen.
Nach dem zögerlichen Anlaufen kam Schwung in die Sache und wir brauchten uns um den ersten Punkt keine Sorgen zu machen.Michael Ferdiny stellte einen Raum in dem Fahhradgeschäft Ciclopia zur Verfügung.





Meine Spiegelreflexkamera gab leider den Geist auf, so dass hier nur ein paar Handy-Fotos zu sehen sind. 

Ich fand das Briefing am Laptop sehr interessant. Nachdem ich bei anderen Piloten zugesehen hatte war ich selbst dran. Erst einmal einfliegen und an den Simulator gewöhnen. Ein bisschen dauerte es, bis ich das Auf- und Ab-pendeln des Horizonts richtig als Rück- und Vornicken des Schirms interpretierte. In natura orientiere ich mich eher an den Traggurten die ich aus den Augenwinkeln sehe. Dann kamen die Klapper. Erst mit Vorwarnung und in Zeitlupe, dann überraschend und etwas heftiger. Es gab nicht nur das automatische Feedback sondern Ulrich gab selbst noch Korrekturen zur Bein-, Arm- und Handhaltung. Er gab mir den Tipp, den Bewegungsablauf in natura beim normalen Fliegen zu üben.

Etwas erstaunt war ich darüber, dass ich offensichtlich das Wegdrehen über-kompensierte. D.h. nach einem Klapper links flog ich, nachdem ich das Gewicht nach rechts verlagert und rechts angebremst hatte, eine Rechtskurve. Ich interpretiere es so: Für mich ist es primär einmal wichtig, zumindest ungefähr das richtige zu tun. Und angemessen auf die Situation zu reagieren.

Die Kommentare der anderen Piloten lagen zwischen "saugeil", "realistisch" und "Na wenn das stimmt dann hätte ich schon 100x abstürzen müssen". 

Die Stimmung war super, die TeilnehmerInnen waren sowohl mit Spaß als auch mit Ernst bei der Sache.

Und schließlich: Nach dem virtuellen fliegen ein reales Landebier! Prost!